Blutegel – einfach faszinierend

Die Egeltherapie wird seit Jahrtausenden zur Behandlung verschiedenster Krankheiten eingesetzt. Die indische Göttin Dhanvan- tari hält einen Egel in der Hand. Es existieren sogar Bilder von Egeln an altägyptischen Gräbern, die ca. 1500 bis 1300 vor Christus entstanden sind. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden bei fast allen Krankheiten Egel eingesetzt, da man davon ausging, dass die Menschen aufgrund von „schlechten Säften“ krank werden. Es wurden bis zu 100 Egel an einem Menschen angesetzt. Natürlich war der Egel nicht schuld, wenn diese Menschen starben, trotzdem bekam er einen schlechten Ruf, die Menschen wurden traumatisiert.

Als Koch und Pasteur die Mikroorganismen entdeckten, war die Egeltherapie in Europa obsolet. In Russland hingegen wurde die Egeltherapie sowie die Forschung an Egeln stets weiterentwickelt. Sie setzen Egel auch für schematische Behandlungen von manifesten Krankheiten ein.

Heute wird die minimal invasive Egeltherapie wieder vermehrt eingesetzt. Im Humanbereich vor allem in der rekonstruktiven Chirurgie, wenn eine Gliedmasse abzusterben droht. Da der Egelspeichel bestehende Thromben lösen kann, besteht auch noch bei einem blau angelaufenen Finger oder Zeh die Chance, diesen zu erhalten. Der Einsatz von Egeln hilft auch bei Arthritiden, Arthrosen, Abszessen, Hämatomen, Thrombosen, Venenentzündungen, Phlegmonen, Sehnenzerrungen, Sehnen-, Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündungen.

Wie die meisten Egelarten kommt der Hirudo medicinalis im Süßwasser vor. Sein natürliches Verbreitungsgebiet ist Europa, Nordafrika und Kleinasien. Blutegel kommen in der Schweiz nur noch selten in freier Wildbahn vor und stehen unter Naturschutz. Sie dürfen bei uns ohne CITES-Bewilligung weder gesammelt noch importiert werden. Das Aussetzen ist ebenfalls verboten.

Auf dieses Bild bin ich sehr stolz, es zeigt oben links die 3 Kiefer des Egels (fleischfarben), die normalerweise nicht zu sehen sind. Hier versuchte er, den Becher zu „beissen“. Die Kiefer sind normalerweise nur als 3 kleine feine Striche zu sehen, sie ähneln einem Mercedes-Stern. Rechts des Kiefers ist der Saugnapf des Hinterteils zu sehen. Manchmal ist es gar nicht so einfach, Vorder- und Hinterteil zu unterscheiden.

Es ist kein herkömmlicher Biss, der Egel baut mit dem Saugnapf des Kiefers ein Vakuum auf und „drückt/fräst“ seine über 300 kleinen Zähnchen in die Haut seines Patienten. Wenn die Nachblutung vorbei ist, ist die Bissstelle so gut wie nicht mehr zu sehen.

Die häufigsten Fragen

Die Behandlungsdauer kann nicht genau festgelegt werden. Die einen Egel arbeiten sehr schnell, andere lassen sich Zeit. Ich rechne mit 1.5 bis 2 Stunden für eine Therapie mit bis zu maximal 5 Egeln..
Blutegel sollten nicht vom Patienten entfernt werden. Wir warten, bis der Blutegel abfällt. Irgendwann ist er zu schwer, das Vakuum halten zu können.
Ja, das ist möglich. Sie mögen keinen Föhn und keine Gewitter im Anmarsch. Auch wenn der Patient mit einer Substanz eingerieben oder mit Insektenspray behandelt worden ist, macht es das Ansetzen schwerer bis zu unmöglich.
 
Da die Blutegel ihre Temperatur den Aussentemperaturen anpassen, werden sie bei Kälte träge so wie Schlagen und Krokodile. Ein wärmerer Stall oder ein Solarium helfen, die Egel zu motivieren.
Ein Egel wird aus hygienischen Gründen nur einmal verwendet.
Der Blutegel ernährt sich nur von Blut. Er ist sehr genügsam, nach einer Mahlzeit macht er für ca. 6 Monate Pause, d.h., er beisst nur bei Hunger. Er kann aber auch länger ohne Mahlzeit sein.
Blutegel können bis zu 30 Jahre alt werden.
Blutegel sind Zwitter. Zur Fortpflanzung benötigen sie einen Partner.